Interview Joachim Schäfer

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Joachim Schäfer, Bürger Bad Godesberg

Wenn Sie an Kultur im allgemeinen denken, was fällt Ihnen als erstes dazu ein?

Vielfalt, Kreativität, Eigenständigkeit, Musik, Schauspiel, kleine Bühnen, Oper, Tanz

Eltern, Partner, Berufsleben, Öffentlichkeit, welche kulturelle Prägung erfuhren Sie durch Vorbilder und warum?

In der 10. Klasse haben wir mit einem sehr engagierten Lehrer Emilia Galotti bearbeitet. Seine Vortragsart hat das Stück erlebbar gemacht und vielleicht eine Grundlage gelegt für politische Grundhaltungen und Experimentierfreude im Theater.

Sie füllen ein ambitioniertes Ehrenamt als Vorsitzender der Bürger Bad Godesberg aus, natürlich nicht ohne die überaus engagierten Mitstreiter in Ihrem Verein. Wann und wie reifte in Ihnen der Entschluss sich ehrenamtlich zu betätigen und welches persönliche Anliegen möchten Sie in diesem Verein verwirklichen?

Das ehrenamtliche Engagement begann nach der Pensionierung als Lehrer. 2015 gab es so viel Notwendigkeit, Jugendlichen zu helfen, sie sprachlich an unsere Gesellschaft heranzuführen, ihnen auch rechtlich einen Aufenthalt zu ermöglichen. Parallel hat sich seit 2016 das Engagement im und für den Verein entwickelt. Es gab den noch gültigen
Ratsbeschluss: Das Kurfürstenbad wird geschlossen und verkauft. Es kam zum 1. Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, bei dem ich mich aktiv eingesetzt habe. Es kam zur Gründung unseres Vereins. Wir waren eine größere Gruppe, die die Berechtigung und Notwendigkeit von Initiativen sieht. Aber wir wollten den Weg der Kommunikation mit politisch Verantwortlichen und Engagierten und der Verwaltung suchen. Niemand sollte ausgeschlossen werden. Das war die Grundlage für die Gründung eines breiter angelegten Vereins. Und es kam zum 2. Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, den wir als Verein sehr aktiv unterstützt haben.

Vermissen Sie in der heutigen Zeit ein zu wenig an Kultur, wenn ja warum?

Ich muss sagen, dass ich nicht „ein zu wenig an Kultur“ wahrnehme. Durch die Aktivitäten im Verein habe ich eine andere Möglichkeit, Kultur zu leben und zu erleben, kennengelernt. Es sind die vielfältigen Veranstaltungen, es ist der Austausch mit Künstlern Literaten, Filmemachern usw. Und es ist die Mittlerposition zwischen denen, die Veranstaltungen anbieten und durchführen und den Gästen.

Denken Sie, dass wir in Bonn, im Gegensatz zu anderen Städten, kulturell gut aufgestellt sind und welche Ihrer persönlichen Wünsche könnten diesbezüglich noch erfüllt werden.

Ich denke, dass wir nach wie vor gut aufgestellt sind. Zwar ist die Sparte Tanz weggefallen, aber durch die Tournee-Tanz-Ensembles gibt es ein hochqualitatives, abwechslungsreiches Angebot. Die Leitungen von Schauspiel und Beethovenorchester und Oper leisten Hervorragendes und tragen zur Akzeptanz in breiteren Bevölkerungsschichten bei. Auch haben wir mit dem kleinen Theater weiterhin ein sehr gutes Angebot. Andere Bühnen, wie Pantheon, Theater Central oder sog. Kleinkunstbühnen machen Bonn sehr lebendig.

Was wollten Sie immer schon gefragt werden, stellen Sie diese Frage und beantworten diese auch gleich.

Gibt es Interessengruppen, die ihr Engagement erschweren oder vor die Wand laufen lassen?
Das ist schwierig zu beurteilen. Manchmal liegt es am System, wie unsere Ratsmitglieder als Freizeitpolitiker arbeiten müssen. Mal liegt es wahrscheinlich auch an Interessen. Ich erinnere mich an die Diskussion um Festspielhaus, Studentenwohnheim Erzberger Ufer und Bau eines mittelklassigen Hotels.
Ich habe auch festgestellt, dass die Kommunikation mit der Verwaltung bis zu einer bestimmten Hierarchieebene recht gut verläuft. Je weiter man nach oben kommt, desto dünner wird die Kommunikationsluft. Wir haben während des Leitbildprozesses erfahren müssen, dass die beauftragte Firma z.B. bzgl. des Kurfürstenbades und der Kurfürstlichen Zeile einen bestimmten Auftrag hatte, nämlich das Kurfürstenbad zu negieren und die Kurfürstliche Zeile nur in der Richtung der Ansiedlung einer Dependance der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zu denken. (Die mögliche Ansiedlung haben wir immer begrüßt!) Das ging so weit, dass die Aussagen aus der Bevölkerung zum Kurfürstenbad auf der 1. Leitbildkonferenz plötzlich nicht mehr in der Dokumentation auftauchten. Erst mit energischem Widerstand gelang es, dass die Aussagen wieder aufgenommen wurden. Allerdings mit einer kleinen Halbwertzeit. Denn bei der Auftaktveranstaltung in der Bundeskunsthalle, als der Startschuss gegeben wurde, nach einem tragfähigen Konzept für die Zukunft der Bonner Bäderlandschaft zu suchen, war das Kurfürstenbad gar nicht mehr vorhanden. Stattdessen wurde für Bad Godesberg das Freibad FRIESI aufgeführt. Auch hier mussten wir hart daran arbeiten, als Referent im Planungszellenausschuss auftreten zu können. Mit Erfolg. Das Bürgergutachten hat sich unserer Einschätzung: 4 Stadtbezirke – 4 Bäder angeschlossen. Nun hoffen wir auf die Verwaltungsvorlage zum Bäderkonzept, mit einem Hallenbad mit Sauna am bewährten Standort.

Interview/Bilder ABi/Bilder privat