Interview Kunstkabinett Stefan Moll

Kunstkabinett Stefan Moll

A.B.
Kabinette bezeichnen einen kleinen Nebenraum, in dem etwas Besonderes aufbewahrt wird, oder etwas Besonderes geschieht. Eine bessere Beschreibung für Stefan Molls „Kunstkabinett“ gibt es nicht. Lieber Herr Moll, seit wann interessieren Sie sich für Bilder, für die Kunst?  Gab es in Ihren jungen Jahren in der Familie Anregungen, sich mit dem Thema Kunst zu befassen? Welchen Stellenwert hat Kunst in Ihrem Leben und wie kam es dazu?
St. M.
Das Interesse für Kunst ist bei mir in meiner Jugendzeit entstanden. Ein wenig hat auch die Familie dazu beigetragen, aber eigentlich ist es ein Interesse, das sich eigenständig entwickelt hat. Kunst ist in meinem Leben recht allgegenwärtig. Im Haus, im Privatleben, in Freundschaften und natürlich auch im Berufsleben.

A.B.
Was müssen Bilder für Sie mitbringen, damit Sie in Ihrem Kunstkabinett gezeigt werden? Sehen Sie zunächst nur das Bild und dann den Künstler oder Künstlerin dahinter?
St.M.
Generell ist es toll, wenn die Werke mich begeistern können. Darüber hinaus ist der Bezug zur Straße (Graffitti, Street Art, Urban-Art, Postvandalismus) bestimmt eine Hilfe, damit die Kunst in das generelle Programm passt. Tatsächlich versuche ich zudem erst einmal das Werk von der schaffenden Person losgelöst zu betrachten. Wobei oftmals ja Leben und Persönlichkeit der schaffenden Person dann auch nicht vom Werk zu trennen ist. Aber es stellt sich auch die Frage, ob dieses Wissen zur Rezeption immer notwendig sein muss…

A.B.
Ohne Namen zu nennen, Sie begegneten in Ihrer beruflichen Laufbahn sicher vielen interessanten Kunstschaffenden, denen man gerne nachsagt, gewisse Marotten zu pflegen. Wir sind neugierig, welche Geschichten man als Galerist so erleben kann.
St.M.
Ich denke, die Vielfalt der Persönlichkeiten der Kunstschaffenden entspricht mindestens der Vielfalt derer, die keine bildende Kunst schaffen. Obwohl Künstlerpersönlichkeiten oftmals einen anderen Blick auf die Welt mitbringen, weshalb sie diesen ja auch häufig in ihre Werke mit einfließen lassen, was auch gerade zur Faszination an der Kunst beiträgt. In der Folge gibt es natürlich auch die eine oder andere Begebenheit, die zur Anekdote taugt.

A.B.
Welchen Veränderungen war der Kunstmarkt in den letzten Jahrzehnten unterworfen?
St. M.
Nun, es gab ja immer wieder Hochs und Tiefs. Vielleicht begeben wir uns ja jetzt wieder in die Richtung eines Hochs, nachdem die Mehrwertsteuer auf ihren alten Wert festgesetzt wurde.

A.B.
Ihre besondere Vorliebe in den letzten Jahren gehört der  Street Art, warum?
St.M.
Die Kunst, die auf der Straße entsteht, hat etwas Direktes und möchte dem Betrachter möglichst offen gegenüber stehen. Diese Direktheit, an die sich die Gesellschaft ja auch langsam zu gewöhnen scheint, trägt hoffentlich zu einer stärkeren Verbreitung des Interesses an Kunst insgesamt bei.

A.B.
Vor einigen Wochen gab es einen interessanten Beitrag bei ARTE, wie sich Künstler auf Instagram verwirklichen, welche hohe Klickzahlen und Bekanntheit und somit Eigenvermarktung sie mit ihren Bildern auf Instagram erzielen, ohne mit einem Galeristen Provisionen teilen zu müssen. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung und stellen Sie Künstler aus die sich auch selbst vermarkten? Gibt es noch eine Zukunft für Galerien?
St.M.
Ja, ich stelle auch Künstler aus, die sich auch selbst vermarkten. Allerdings glaube ich – und diese Künstler eben auch- , dass man gemeinsam einen besseren Stand hat. Zudem kommt, dass man als Galerie durchaus so etwas wie ein Kuratorium darstellt. Darüber hinaus gibt es auch viele Künstler, denen die alltägliche Arbeit der Galerie und Vermarktung gar nicht liegt, weshalb ich schon glaube, dass es eine Zukunft für Galerien gibt. Womöglich verändert sich aber das Berufsbild der Galerist*innen im Vergleich zu früher und Galerien müssen sich breiter und flexibler aufstellen. Aber das stellt eine Veränderung dar, der viele Berufe im Laufe der Jahrzehnte unterworfen sind.

A.B.
Welche berufliche Stationen gab es bereits in Ihrem Leben und wann entschieden Sie sich, eine eigene kleine Galerie, das Kunstkabinett, zu eröffnen?
St.M.
Während des Studiums der Kunstgeschichte habe ich bereits mehrere Praktika absolviert, die mit dem Kontext des Kunsthandels allgemein zu tun hatten. Da bin ich dann bei geblieben. Zuerst als Mitarbeiter in anderen Galerien, dann eben als eigener Galerist.

H.R.
Wir besuchten Herrn Moll an einem strahlenden Vorfrühlingsnachmittag, betraten sein Haus durch eine Holztür mit undurchsichtigen Glaskugeln und gelangten durch einen Flur mit bunten Kunstwerken in den Galerieraum. Welche Ausstellungen haben Sie bewogen, sich intensiv mit Kunst zu beschäftigen? Welches sind Ihre Lieblingsmaler und -Kunstrichtungen?
St.M.
Ich bin als Kind auf dem Lande groß geworden, wo es zumeist leider eher wenige Ausstellungen von großen Künstlerpersönlichkeiten zu sehen gibt und gab. So war es eher das generelle Interesse an Kunst, was mich in diese Richtung gebracht hat. Angefangen hat es mit der Faszination für das Werk von Joseph Beuys, aber im Laufe von Studium und Arbeitsalltag hat sich das Interesse wirklich breit gefächert. Das fängt im Prinzip schon mit mittelalterlicher Kunst an und geht durch die Jahrhunderte bis heute. Insgesamt habe ich aber eher einen Hang zur Malerei und zur Installation, denke ich…

Street Art von M. Schümmelfeder im Projekt mit dem Kunstkabinett (gegenüber)
kurz vor der Abrissbirne, Foto A.Bi.

Fotos St. Moll

H.R.
An welcher Universität haben Sie Kunstgeschichte studiert?
St.M.
In Bonn.

H.R.
Mit welchen Galeristen haben Sie gearbeitet, bevor Sie sich selbstständig gemacht haben?
St.M.
Wirklich intensiv gearbeitet habe ich mit Michael Schneider, hier in Bonn; Klaus Benden und Rainer Klimczak bzw. Klaus Benden alleine sowie Michael Werner in Köln.

H.R.
Wann haben Sie Ihre Galerie in Friesdorf eröffnet? Haben Sie sie in den ersten Jahren nebenberuflich betrieben? Was war damals Ihr Hauptberuf? Ab wann sind Sie Vollzeit-Galerist?
St.M.
2008 haben wir die erste Ausstellung gezeigt und dann habe ich die Galerie nebenberuflich weitergeführt, bis Corona mein berufliches Leben auf den Kopf gestellt hat. Nach der Lockerung des Lockdowns habe ich dann die Galerie in Vollzeit geführt.

H.R.
Ihre Galeriefront ist mit einer Banane des bekannten Kölner Street Artisten und Sprayers Thomas Baumgärtel markiert. Wie kam es zu dem Kontakt mit Herrn Baumgärtel und seit wann schmückt dieses Wahrzeichen die Fassade Ihrer Galerie?
St.M.
Thomas Baumgärtel kam als Gast zur Ausstellungseröffnung der ersten Ausstellung von Kai Semor. Nachdem wir uns über Kunst allgemein und die Ausrichtung der Galerie unterhalten hatten, fragte er mich auf einmal, ob ich etwas dagegen hätte, wenn er eine Banane auf die Fassade des Hauses sprühen würde. Das war im Januar 2020.

H.R.
Gemeinsam mit der Bonner Galerie Geißler Bentler haben Sie das Benefiz-Projekt zum Neubau des Schülerbootshauses des Bad Godesberger Ruderer-Clubs von EMA und FEG gestartet. Wie ist die Resonanz auf diesen Aufruf? Werden die Merchandise-Objekte, die zur Finanzierung des Projekts angeboten werden und von angestrichenen Booten, zu Hoodies,  Logo-Tassen etc. reichen, gut angenommen?
St.M.
Insgesamt ja. Da sind wir schon recht zufrieden. Es gibt auch hier – wie überall – intensivere Zeiten und schwächere. Aber insgesamt tut sich eine ganze Menge für dieses Benefizprojekt.

H.R.
Welche Objekte hat Thomas Baumgärtel bereits in Bad Godesberg und Bonn besprüht? Erst jüngst hat der Street Artist das Macke-Museum mit einer „Exzellenzbanane“ geadelt.
St.M.
Neben einigen Museen in Bonn sind es die Galerien Geißler-Bentler und das Kunstkabinett, die meines Wissens nach die Banane an der Fassade haben. Allerdings gab es zum Beispiel auch noch eine Banane an dem Haus, in dem früher die Galerie Pudelko beheimatet war. Ob diese Banane noch existiert, kann ich gerade gar nicht sagen…

H.R.
Die vor kurzem in der Bonner Namen-Jesu-Kirche angebrachten Bananen trugen Ihnen den Vorwurf der Blasphemie ein. Wie haben Sie sich dagegen gewehrt?
St.M.
Ich selber wurde nicht mit diesem Vorwurf konfrontiert. Aber wenn Menschen glauben, dass es sich bei den Bananen um intendierte Blasphemie handelt, tut man meines Erachtens Thomas Baumgärtel unrecht, da er nach meiner Erfahrung die Menschen bestimmt nicht verletzen will. Aber Religionsfreiheit bzw. auch die Kritik an solchen Systemen müssen erlaubt sein. „Glaub doch, was Du willst“ ist da bestimmt ein guter Werktitel und ein gleichzeitiger Hinweis, wie man die Werke von Thomas Baumgärtel in einem religiösen Kontext verstehen kann.

H.R.
Wie haben Sie auf die Nachricht reagiert, dass 2019 auf der Kunstmesse Art Basel Miami eine an die Wand geklebte Banane – ein 105.00 Euro teures Kunstobjekt des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan – von einem Besucher verspeist wurde?
St.M.
Dies sind die Gefahren, wenn man Eat-Art ausstellt; sozusagen Berufsrisiko.

H.R.
Seit wann betreiben Sie das Urban Art Projekt „Candy Concept Cologne“ in Köln-Ehrenfeld?
St.M.
Das „Candy Concept Cologne“ betreiben wir seit Oktober 2022.

H.R.
Was bieten die Künstler an? Und wie kommt das Konzept beim Publikum an?
St.M.
Die Künstler bieten dort eher kleinere Formate an. Und das Konzept kommt beim Publikum wirklich gut an; die Resonanzen sind durchweg positiv.

H.R.
Wie unterscheidet sich das Ausstellungskonzept Ihrer Friesdorfer Galerie von dem der Kölner Galerie?
St.M.
Aufgrund der Größe des Kabinetts betreiben wir das „Candy Concept“ quasi als permanente Gruppenausstellung, die in sich immer wieder neu bestückt wird. Im Kabinett zeigen wir seit der Existenz der Gruppenausstellung in Köln auf der anderen Seite nur Einzlausstellungen.

H.R.
Welche Arbeiten zeigen Sie vom 11.4. – 23.5.25 von Daniel von Hoeßle und vom 6.6. – 18.7.25 von DROPIX?
St.M.
Bei der Ausstellung von Daniel von Hoeßle mit dem Titel „Pärchenabend“ handelt es sich um eine Ausstellung von Kleinformaten, die oftmals als Paare auftreten und auch als solche gedacht sind. Die darauf folgende Ausstellung von DROPIX wird im Gegensatz zur letzten Einzelausstellung (Fast Food Symphonies) von ihm im Kunstkabinett keinen ganz expliziten thematischen Fokus haben. Vielmehr werden ganz aktuelle Arbeiten mit verschiedenen Kontexten von ihm zu sehen sein, von denen ich bis heute auch nur ansatzweise weiß, was sich da inhaltlich verbirgt. Da bin ich also selber sehr gespannt!

Fotos St. Moll

H.R.
Vom 3.- 6.4.25 findet in Köln die „Discovery Art Fair“ (Die Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst) statt. Welche Künstler werden Sie präsentieren?
St. M.
Es wird eine größere Anzahl der verschiedenen Künstlerpositionen aus dem Programm des Kunstkabinetts zu sehen sein.

H.R.
Wie ist die Resonanz und der Absatz der Arbeiten Ihrer derzeitigen Ausstellung zu Markus „El Feder“ Schümmelfeder?
St.M.
Die Resonanz ist wirklich hervorragend und der Absatz ist erfreulicherweise zufriedenstellend.

Interview Dr. Hildegard Reinhardt, Angela Biller, Fotos wenn nicht anders vermerkt A. B.
www.kunstkabinett-moll.de