Interview Bergfunken Orts

Eine lebendige kulturelle und soziale Tradition
-Karneval in Bad Godesberg-
Interview mit Cornelia und Christoph Orts vom Karnevalsverein Bergfunken

Die Fragen stellte Elisabeth Einecke-Klövekorn, Vorsitzende der Theatergemeinde Bonn. Sie ist keine aktive Karnevalistin, betrachtet aber Theater und Karneval als enge Verwandte und wurde 2019 vom Festausschuss Bonner Karneval für ihr kulturelles Engagement mit dem Mäuseorden ausgezeichnet. Bereits 2014 wurde der Rheinische Karneval mit all seinen lokalen Varianten von der Deutschen UNESCO-Kommission in das bundesweite Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe aufgenommen. Gerade die Karnevalsvereine haben eine Willkommenskultur entwickelt, lange bevor dieses Wort in aller Munde war. Hier wird Brauchtum nicht nur konserviert, sondern ständig kreativ mit neuem Leben erfüllt. Im Karneval sind auch alle Künste vertreten von Musik und Tanz bis zu den Bildenden Künsten.

Die Große Karnevalsgesellschaft Bergfunken Bad Godesberg e.V. wurde 1946 kurz nachdem Zweiten Weltkrieg gegründet. Christoph Orts ist Erster Vorsitzender des Vereins, Cornelia Orts ist Geschäftsführerin.

 

EEK: Liebe Familie Orts, Sie engagieren sich ehrenamtlich bei den Bad Godesberger Bergfunken mit ihrem Hauptquartier im idyllischen Muffendorf.  Woher stammt eigentlich der Name „Bergfunken“ und wie sind Sie zum Karneval gekommen?

ORTS: Liebe Frau Einecke-Klövekorn, vielen Dank für das Interview. Wir sind schon seit ein paar Jahren im Bad Godesberger Karneval aktiv. Zum Verein sind wir, wie viele unserer Mitglieder, durch unsere Kinder gekommen. Sie hatten verschiedene Tanzgarden gesehen und wollten auch tanzen. Und einmal dabei, übernimmt man dann zuerst die eine oder andere Aufgabe bei verschiedenen Festen. Cornelia kümmerte sich anfangs zum Beispiel um die Kostüme. Und dann ging das ganz schnell, bis wir plötzlich im Vorstand saßen. Der Name „Bergfunken“ kommt von der Lage Muffendorfs oberhalb der Innenstadt Bad Godesberg. Und weil da früher Esel viele Sachen den Berg hinauf transportiert haben, ist der Esel unser Wappentier und auf jeder Uniform zu finden.

 

EEK: Auch wenn die „Fünfte Jahreszeit“ der Höhepunkt aller Aktivitäten ist – die Karnevalsvereine sind auch außerhalb der eigentlichen Session nicht untätig und leisten einen ganz wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wie sieht das bei Ihren Bergfunken aus?

ORTS: Die Bergfunken sind ein Verein, der in seinen einzelnen Gruppierungen, aber auch zusammen, das ganze Jahr über aktiv ist. Wir veranstalten unser Sommerfest auf dem Schulhof der alten Schule in Muffendorf, sind aber auch auf dem Sommerfest im Park und auf der Muffenale zu finden. Dort haben wir unseren Stand mit Federweißem und selbstgebackenem Zwiebelkuchen. Das Damenkomitee trifft sich jeden ersten Dienstag im Monat und ist immer sehr kreativ, um ein schönes Ziel für unseren Jahresausflug zu finden. So ging es zum ZDF-Fernsehgarten oder an die Mosel. Auch eine Nachtwächterführung durch Bonn wurde schon unternommen. Der Männerstammtisch trifft sich auch regelmäßig und organisiert verschiedene Unternehmungen im und um Bad Godesberg. Gemeinsam geht es im Mai auf Maiwanderung. Der Senat trifft sich traditionell im September im Weinhaus Lichtenberg, und auch im Dezember, in der karnevalsfreien Zeit, treffen sich alle Gruppen zu ihren Weihnachtsfeiern

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EEK: Sie sprachen eben vom Tanz. Der rheinische Karneval hat da eine ganz besondere Kultur entwickelt, die sich von anderen Formen wie Gesellschaftstanz, klassischem Ballett oder Modern Dance deutlich unterscheidet. Was macht für Sie den Reiz dieser Kunst aus? Wie finden Sie die Talente, die ja eine Menge Zeit und Energie für ihre Auftritte investieren müssen?

ORTS: Der Gardetanz im rheinischen Karneval hat eine lange Tradition und dies auch in unserem Verein. Seit der Gründung gibt es Mariechen und Tanzoffiziere bei den Bergfunken. Angefangen hat es mit einem Tanzpaar in der Nachkriegszeit, Anneliese Ott und Peter Vormann, und einem Männerfunkencorps. Mittlerweile haben wir beim Kindercorps drei Tanzgruppen und das Funkencorps für die über 16jährigen Tänzerinnen und Tänzer. Alle trainieren jeden Mittwoch im Vereinshaus. Das Schöne an dieser Tanzform ist die Verbindung von Tradition und Moderne. Tradition durch die Uniformen und die Tanzschritte und Hebungen, Moderne durch die aktuelle Musik und die stets neuen Tänze. Wir glauben, dass diese Kombination den Reiz ausmacht und viele Kinder dazu bewegt, zu unserem Probetraining zu kommen, nachdem sie uns bei den Auftritten gesehen haben. Es ist schon beeindruckend, wenn 50 uniformierte Bergfunken an Weiberfastnacht in eine Schulaula oder die Kleine Beethovenhalle einmarschieren.

 

EEK: Die Nachwuchsarbeit ist bei Ihnen wie beim Sport, bei Musik und Theater eine große Aufgabe. Wie begeistern Sie Kinder und Jugendlich für den Karneval?

ORTS: Ja, das stimmt, es ist ein Ganzjahresjob. Angefangen bei Trainingszeiten, Choreografie, über Uniformen und vor allem Ausflüge und Sommeraktivitäten. Dies ist auch der Schlüssel, um Kinder und Jugendliche für einen Verein zu begeistern. Die Freude am Karneval ist zwar meistens da, aber diese auch über das ganze Jahr hinweg zu erhalten, ist viel Arbeit. So ist unser Kinderzelten hinter dem Bergfunkenhaus ein Highlight für die Kleinen. Spannend finden sie auch Übernachtungen im Vereinshaus. Mit den Teenies und den Funken machen wir größere Wochenendausflüge. All das schafft ein Gemeinschaftsgefühl, so dass wir Tänzerinnen haben, die schon seit sie laufen können, bei uns mitmachen und heute bei den Funken in der ersten Reihe stehen.

 

EEK: Die tollen Uniformen gehören zum hiesigen Karneval wie die kreativen individuellen Kostüme und Maskeraden. Wie bringen Sie beides unter eine Narrenkappe?

ORTS: Das ist nicht sehr schwierig. Gerade bei uns im Verein gibt es auch für die Erwachsenen ganz verschiedene Gruppen. Die Eselsfünkchen sind Mitglieder, die sich jedes Jahr zu einem Motto eine Tanzrevue einfallen lassen und diese dann mit Kostümen auf unseren Sitzungen präsentieren. Die Elfen sind ein Männerballett, das natürlich auch nicht in Uniformen auf die Bühne kommt. Aber auch mit unseren Elferräten brechen wir mit der Uniformtradition. Auf der Milljöhsitzung und der Weibersitzung tragen alle zum Motto der jeweiligen Session passende Kostüme. Die Kinder und Teenies, die wohl am meisten in den Vereinsfarben Rot und Schwarz unterwegs sind, haben eigene ganz zwanglose Kostümfeste. Zum Karneval gehört beides; Uniform und Kostüm. Jeder kann so erscheinen, wie er möchte.

 

EEK: Corona ist in diesem Jahr leider das alles beherrschende Thema. Die Alltagsmasken begleiten uns nun ständig als Zeichen sozialer Rücksichtnahme, und physische Distanz ist das Gebot der Stunde. Alle größeren Veranstaltungen und Umzüge wurden abgesagt. Wie gehen die Bergfunken mit dieser historisch beispiellosen Situation um?

ORTS: Da wir in dieser Session unser 75.Vereinsjubiläum feiern wollten, trifft uns die Situation schon sehr. Wir haben unser Vereinsleben, soweit es ging und unter allen Corona-Auflagen aufrechterhalten. Feste und Ausflüge konnten zwar nicht stattfinden, aber ein kompletter Stillstand kam für die Bergfunken nicht in Frage. Wenn die Tanzgruppen, die oft auf dem Schulhof draußen trainierten, sich nicht treffen konnten, haben wir Trainingsvideos per Whatsapp verschickt. Da sind eine Menge lustige Bilder entstanden. Hygieneregeln sind selbst für die Kleinsten kein Problem, da alle wissen: Ohne geht es nicht.

Aber nicht nur die Sessionstänze wird es in diesem Jahr geben, auch wenn noch nicht klar ist, wo und wann wir sie präsentieren dürfen. Auch unser Bergfunkenjournal wird gedruckt, und wir freuen uns auf die Jubiläumsausgabe mit einer Chronik der kompletten Vereinsgeschichte und vielen Fotos aus vergangenen Jahrzehnten. In der ruhigen Zeit haben wir unser Archiv aktualisiert.  Auch einen Sessionsorden wird es geben, und wir haben schon gute Ideen, wie wir ihn den Mitgliedern, Freunden und Gönnern zukommen lassen können. Außerdem können  alle Uniformierten einen neuen Halsorden erwerben, der die Gebäude Muffendorfs zeigt und so  die Verbindung der Bergfunken zu ihrem Heimatort deutlich macht.

Natürlich hoffen wir, dass unser Vereinsleben bald wieder wie gewohnt stattfinden kann. Aber Gesundheit geht vor, und so gilt auch für uns: Am 11.11. bleiben die Uniformen im Schrank und die Schiffchen in der Schublade.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bergfunken.de  
alle Fotos  dieser  Seite wurden uns von den Bergfunken zur Verfügung gestellt